


Kündigen, aber bitte mit Anstand!
- 2. April 2021
Sechs Empfehlungen von Dr. Cornelia Martens zur Vorbereitung und Durchführung von Kündigungsgesprächen

Dr. Cornelia Martens, Geschäftsführerin des EAP Instituts, begleitet viele Führungskräfte seit Jahrzehnten und kennt die Herausforderung des Führungsalltags:
„Für viele Führungskräfte, die neu in die Rolle schlüpfen, ist es häufig eine Gratwanderung einerseits Führungsstärke zu zeigen und gleichzeitig empathisch und menschlich zu bleiben.“
Foto: © EAP Institut
Die Angst vor dem eigenen Arbeitsplatzverlust begleitet viele Menschen seit Beginn dieser Krise – für einige ist diese Angst bereits zur Realität geworden. Unverändert ist eine Trennung von Mitarbeiter*innen – aus welchen Gründen auch immer – für viele Führungskräfte ein unangenehmer Prozess.
Vom Erhalt einer sterilen E-Mail ohne vorangegangenes Gespräch bis hin zu Anrufen von Human Resource ohne Einbezug der zuständigen Führungskraft streiten sich die ungeschickten Vorgehensweisen bei Kündigungen noch immer um den ersten Stockerlplatz – von anderen Methoden, die alle kennen und über die nur wenige sprechen dürfen, mal ganz abgesehen.
Kündigungen sind und bleiben ein Akt mit ungleich verteilten Machtverhältnissen. Prinzipiell können sich sowohl die Arbeitgeber*in als auch die Arbeitnehmer*in jederzeit unter Einhaltung aller vertraglichen Vereinbarungen jederzeit trennen. In Zeiten wirtschaftlicher Krisen verschiebt sich allerdings diese Gleichberechtigung zu Gunsten der Arbeitgeber*innen. Kosten runter, Mitarbeiter*innen raus.
Klingt hart, ist es auch – vor allem für all jene, die direkt betroffen sind, und meist liegt die Betroffenheit auf beiden Seiten. Bei der Führungskraft und bei den Betroffenen. Legt man die Annahme zu Grunde, dass kein Mensch einen anderen willentlich schädigen will, so ist nur allzu verständlich, dass Führungskräfte, vor allem jene, die neu in ihrer Rolle sind, so richtig Bauchweh bekommen, wenn es um den Tag X, den Tag der Kündigung geht.
Sechs Empfehlungen von Dr. Cornelia Martens zur Vorbereitung und Durchführung von Kündigungsgesprächen
Wie Sie gestärkt durch das Kündigungsgespräch gehen?
1) Schaffen Sie einen „äußeren Rahmen“
• Wer begleitet mich zu den Gesprächen?
• Wer führt das Gespräch? (Rollenverteilung, wenn mehrere Personen teilnehmen)
2) Schaffen Sie für sich selbst einen „inneren Rahmen“
Dieser Punkt ist eine wesentliche Grundvoraussetzung, damit eine Kündigungsgespräch gut laufen kann. Achten Sie auf Ihre persönliche emotionale Stimmungslage. Wenn wir aus der Emotion heraus sprechen, ist das oft kontraproduktiv.
Daher:
• Nehmen Sie sich ein paar Minuten in Ruhe allein Zeit, um das Gespräch im Geiste durchzuspielen. Denken Sie an den bestmöglichen Ausgang.
• Atmen Sie tief und regelmäßig 3-5 Atemzüge ein und aus.
• Bedenke Sie, dass Sie trotz der besten Vorbereitung, die Reaktion des Gegenübers nicht vorhersehen oder direkt verändern können.
• Sie können allerdings mit einer wertschätzenden und menschlichen Art einen Rahmen schaffen, in dem ihr Gegenüber die Situation besser annehmen kann.
• Ihre Verantwortung liegt in der Schaffung eben dieses Rahmens – mit bestem Wissen und Gewissen.
3) Aussprechen der Kündigung
• Schaffen Sie einen Rahmen für den Betroffenen, der es ihm leichter macht, die Nachricht gut aufzunehmen, nehmen Sie sich ausreichend Zeit.
• Sprechen Sie die Trennungsbotschaft klar aus (ohne sie kompliziert zu umschreiben). Beispielsweise: „Wir haben uns entschieden, dass wir uns von dir/von Ihnen trennen werden.“
• Bedenken Sie, dass der Gekündigte durch die Kündigung in einem emotionalen Ausnahmezustand ist, in dem er weitere Dinge kaum oder unvollständig aufnehmen kann.
• Bleiben Sie empathisch und ruhig.
• Reagieren Sie nicht persönlich, wenn der Gekündigte angriffig, vorwurfsvoll oder abwertend reagiert. Versuchen Sie ruhig zu bleiben. Atmen Sie bewusst ruhig und tief (In Stresszuständen passiert automatisch das Gegenteil. Unsere Atmung wird immer flacher, die Sauerstoffzufuhr sinkt, das Stressniveau steigt dadurch weiter an. Ruhiges Atmen wirkt gegen Stressanstieg und hilft ruhig zu bleiben). Je mehr innere Ruhe Sie ausstrahlen, desto eher wird die Stimmung positiv bleiben.
• Lassen Sie sich in keine Diskussionen oder Debatten verwickeln, sondern bleiben Sie empathisch, wertschätzend und …
4) Vereinbaren Sie einen Folgetermin
• Kommunizieren Sie, dass Sie sich darüber im Klaren sind, dass die Situation für den Gekündigten im Moment sehr unerwartet/schwer/unverständlich etc. ist und bieten Sie ihm daher ein Folgegespräch an, zu dem weitere Fragen beantwortet werden können.
• Bieten Sie, wenn dies möglich ist, auch gleich Hilfe an (Betriebsrat, Employee Assistance, Kollegen etc.).
5) Zurückführen auf die Sachebene
In jenen Fällen, in denen die Stimmung zu emotional geworden ist, lenken Sie die Aufmerksamkeit auf ein Sachthema. Dies hilft dem Betroffenen aus der Emotion auszusteigen zu können und den Blick nach vorne, auf eine konkretes Umsetzungsthema zu lenken. Dies kann z.B. durch eine Frage geschehen: „Mir fällt gerade ein: Wie möchten Sie/möchtest du, dass deine Kolleg*innen davon erfahren?“ (Sachthema = Information der Kolleg*innen. Wie sollen die Kolleg*innen informiert werden? Was ist das gemeinsame Wording?)
6) Trennung von Sachebene und persönlicher Ebene
Wenn es Ihnen gelingt, klar in der Sache selbst und gleichzeitig menschlich, wertschätzend und empathisch in Ihrer Haltung zu sein, werden Kündigungen leichter bewältigbar sein – für alle Beteiligten!